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Mal kurz inne halten

Blick auf das „Ganze“ 2015

Die ersten Monate des neuen Jahres waren bislang alles andere als erfreulich. Der kaltblütige, feige Mord an Journalisten eines französischen Satire-Magazins, Terror in Kopenhagen, Terror-Warnungen auch in Deutschland, die Ukraine-Krise, der Krieg mit dem „Islamischen Staat“, neue EURO-Turbulenzen nach der Griechenland-Wahl und so viele globale Flüchtlinge weltweit, wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr.

Dazu des traurige Schicksal der 150 Insassen des Germanwings-Airbus 4U9525, die Erdbeben-Katastrophe in Nepal, die Tausenden Toten und Invaliden der weltweiten mehr als 50 Kriege und kriegerischen Auseinandersetzungen oder die Kinder-Armut weltweit – die Welt ist 2015 in keinem guten Zustand.

Ohne Rücksicht auf Verluste

Es wird dem Geld hinterher gerannt – ohne Rücksicht auf Verluste. „Haste was, biste was!“, ist das globale Motto. Nachdenklichkeit, ein Innehalten ist nicht mehr gefragt. Immer schneller, immer weiter, immer mehr! Es ist eine weltweite Orientierungslosigkeit zu verspüren, wie sie einst Bert Brecht in seinem „Radwechsel“ treffend formulierte: „… Ich sitze am Straßenhang. Der Fahrer wechselt das Rad. Ich bin nicht gern, wo ich herkomme. Ich bin nicht gern, wo ich hinfahre. Warum sehe ich den Radwechsel mit Ungeduld?…“

Wo sind die Kirchen und Gewerkschaften?

Eigentlich müssten auch Kirchen, Sozialverbände und Gewerkschaften eine gewisse Grund-Orientierung vermitteln. Tun sie das aber hinreichend oder sind sie selbst schon „Räder“ im „Getriebe des Mainstreams“?! Schaut man sich deren Handeln an, ist eher Letztgenanntes anzunehmen.

Warum?! Beide Kirchen, die evangelische wie die katholische, nahmen 2014 rund 30 Milliarden Euro „an Steuergeldern“ ein, dazu kommen weitere staatliche und auch private Zuwendungen. Bei den Gewerkschaften ist es ähnlich – auch dort sind die Kassen üppig gefüllt, auch dank staatlicher Zuwendungen und Förderungen.

Was machen beide Institutionen jedoch: Stets vor großen Feiertagen, ob zu Weihnachten oder zu Ostern, wandert der Klingelbeutel oder die Spendenbüchse zu denjenigen, die ohnehin wenig haben, oft nicht einmal ein Gehalt auf Mindestlohn-Niveau… Große Firmen oder lukrativ versorgte, Öffentlich Bedienstete jedoch , die vermeintlich große Summen „spenden“, können „gegen Quittung“ dann diese „gespendeten“ Geldsummen steuerlich absetzen. Mehr Pharisäertum geht fast nicht!

Wo sind die Sozialverbände?

Ähnlich ist es bei den vermeintlich gemeinnützigen Institutionen, wobei nicht nur der Fall eines angeblich Rostocker Sozialunternehmens sauer aufstoßen lässt, bei dem sich der Geschäftsführer ein ziemlich großes Gehalt genehmigte.

Oft dienen gemeinnützige Institutionen ohnehin nur dazu, Parteifreunde oder politisch „zuverlässige“ Personen mit Posten zu versorgen.

Das diskreditiert aufrichtiges soziales und ehrenamtliches Handeln, untergräbt eine wirkliche Demokratie!

Krieg und Völkermord…

Fast ebenso verlogen ist die Diskussion um den „ersten“ Völkermord im 20.Jahrhundert. Die Diskussion um den Völkermord an den Armenierinnen und Armeniern 1915 ist natürlich berechtigt, deren Schicksal sollte nie vergessen werden. Zu Recht wird auch darauf verwiesen, dass das damalige deutsche Kaiserreich eine maßgebliche Mitschuld trifft. Doch leider waren es auch Deutsche, die den ersten Völkermord des 20.Jahrhunderts initiierten, den Völkermord an den Herero und Nama zwischen 1904 und 1908. Diese historische Schande ist fast vergessen…

Aber in Deutschland marschieren, reden und sitzen die Verdränger und Relativierer ja in der ersten Reihe. Schaut man auf die letzten mehr als 100 Jahre – von Kaiser über Führer, Staatsratsvorsitzende (die auch logistisch und finanziell halfen, den „Prager Frühling“ zu zerschlagen oder die „Solidarnosc“-Bewegung „einzudämmen“) bis hin zu den Bundes-Kanzlern (Aktuell ist Deutschland Rüstungsexport-Nation Nummer drei!) – kann man in der Tat nur Paul Celan zustimmen, der bereits in seinem Gedicht (1944-47) „Todesfuge“ davon sprach, dass „der Tod ein Meister aus Deutschland sei“…

Für wirkliche Demokratie

Aber da wird dann medial beschwichtigt, wie toll doch hierzulande gegenwärtig alles ist, dass man sich (unter Vorgaben allerdings) der „Geschichte stellte“ – was immer das heißen mag – und aus den Fehlern lernte (anscheinend ja nicht).

Es wird demonstriert „Gegen Links“ und „Gegen Rechts“, um dann „ab durch die Mitte“, entsprechende gut dotierte Tätigkeiten, mittels „richtigem Parteibuch“, zu ergattern.

Tja, es wird immer gegen etwas in Deutschland demonstriert: gegen Nazis, gegen Linksextreme, gegen Lohndumping, gegen Windräder, gegen den „Bildungsnotstand“, gegen Armut allerorten, gegen Krieg, aber nie KONSTRUKTIV FÜR ETWAS…

Beispielsweise: Für eine wirklich gerechte, friedvolle Welt, für ein Gesellschaftssystem, das menschliche Züge hat.

Wie meinte einmal der Schriftsteller Wladimir Lindenberg: „Wir sind alle nur Gäste in dieser Welt. Lernt man, sich im Leben als Gast zu fühlen, so benimmt man sich danach, man wird freundlicher und dankbarer, zuvorkommender und rücksichtsvoller, und man lernt zu wissen, dass einem nichts wirklich gehört…“

Schaut man sich derweil in der Welt um, so scheinen Freundlichkeit, Dankbarkeit, Zuvorkommenheit, Rücksichtnahme und Aufrichtigkeit bei der Mehrheit, auch in Schwerin, nicht mehr vorhanden zu sein. Das läßt zumindest auch künftig nichts Gutes erahnen – bei allem Optimismus und aller Hoffnung…

Marko Michels

 


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