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Landtagswahl 2011: Keine Sieger?! Oder doch …

Eine wählerische Nachbetrachtung

Es ist der 5. September 2011. Einen Tag nach der Landtagswahl. Die Jubel-Posen bei den Siegern sind immer noch da. Die Verlierer lecken ihre Wunden. Die gemeine Bürgerin und der gemeine Bürger staunt. Jubel?! Jubel worüber …

In der Tat scheinen inzwischen einige Politikerinnen und Politiker, die Realität etwas aus den Augen verloren zu haben. Gerade einmal 51,4 Prozent der Wahlberechtigten gingen am 4. September zur Wahl des 6. Landtages in M-V seit 1990. Das sind von rund 1,4 Millionen Bürgerinnen und Bürger – zwischen Schönberg und Usedom, von Rügen bis Ludwigslust – etwas mehr als 700.000.

Setzt man man diese offizielle Zahl der Wählenden am gestrigen 4. September in das Verhältnis zu den amtlichen vorläufigen Endergebnissen der Parteien, ergeben sich Resultate für die verschiedenen Parteien, die eher Schamgefühl und Bescheidenheit statt Jubel und Schönrednerei hervorrufen müssten. Die SPD kommt so auf ein tatsächliches Ergebnis von rund 18,5 Prozent, nicht einmal ein Fünftel der Bürgerinnen und Bürger wählte die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten, denn auch wer nicht zur Wahl geht, muß keineswegs unpolitisch oder bequem sein. Nein. Die meisten bekunden offen: Demokratie ja! Aber nicht mit diesen Parteigebilden!

Die CDU, die sich am liebsten wieder in die Große Koalition retten möchte, kann gerade einmal rund 11,7 Prozent – aufweisen, die Linkspartei, die auch unbedingt mit Herrn Sellering koalieren will, erhält 9,4 Prozent. Die Grünen, die sich „so sehr im Aufwind sehen“,bekommen 4,3 Prozent. Und die Partei von vorgestern, die einen großen Rückhalt in der Bevölkerung für sich sieht – die NPD – erhält schlappe 3,1 Prozent. Die „Möchte-gern-Steuersenker“ der FDP erhielten 1,4 Prozent – da fragt man sich schon, ob selbst die eigenen Parteigänger und bekundenden Parteisympathisanten die Gelb-Blauen wählten.

Aber bei SPD, Grünen und Linkspartei wird gejubelt, sogar bei der NPD … Die CDU ist zwar nicht zufrieden, aber unzufrieden eigentlich auch nicht, angeblich habe sie ja seit 2006 gute Regierungsarbeit geleistet, auch wenn die meisten Bürger das anscheinend „übersehen“ haben.

Es ist ja auch ziemlich frech, wenn Herr Sellering zu plakatiert, dass er rund 25.000 Arbeitsplätze im Land geschaffen hat, wo der Ruhm doch hier der Jürgen-Seidel-CDU gebührt. Allerdings: Wo sind dann all die tollen Arbeitsplätze entstanden, wie viele alte Arbeitsplätze fielen seit 2006 weg, wobei man nicht nur an das Negativ-Extrembeispiel Wadan-Werften in Wismar und in Rostock-Warnemünde denken sollte. Viele Mittelständler gingen in die Pleite, von denen nahm niemand Notiz. Die Zahlen in der Tourismus-Branche waren in diesem Jahr – bis auf wenige Ausnahmen – nicht gerade berauschend. Viele Festspiele und Kultur-Events im ganzen Land litten unter dem Sommer, der keiner war. Aber nicht nur Petrus ist schuld, wenn die Zahlen nicht stimmen.

Die Anzahl der Hartz IV-Empfänger, der Vorruheständler, der Umschüler, der „Aufstocker“, der Niedriglöhner, der ewig Weitergebildeten (die seit Jahren keine richtige Arbeit finden) ist im Land beängstigend hoch. Viele brauchen einen Zweit- oder Dritt-Job, um überhaupt überleben zu können. Die Bildungspolitik glänzt mit Vorankündigungen, die sich oftmals nicht erfüllen. M-V ist noch immer kein Kinderland, schaut man sich die Anzahl der Kinder, die von Armut in M-V betroffen ist, nur einmal an. Gerade Schwerin hat hier eine traurige Spitzen-Position inne. Ja, ja, es muß keiner verhungern in M-V … Hungern, aber schon.

Unsere alten und neuen Polit-Stars glänzten in den letzten zwei Jahren mit viel Plattitüden und Aktionismus. Nachhaltige Politik geht anders. Aber nun darf erst einmal posiert und relativiert werden. Die Partei-Politiker haben gewonnen. Die real existierende Demokratie jedoch verloren.

Glücklicherweise gibt es jedoch im Land eine Mehrheit, die sich rührend ehrenamtlich engagiert – im Sozialbereich, im Kulturbereich, im Sportbereich oder in Dritte-Welt-Projekten. Ganz ohne Partei-Apparatschiki. Insofern muß man sich nicht um die Demokratie sorgen, sondern nur um die Qualität unserer Volksvertreter, die wahrlich oftmals nicht „aus der Mitte des Volkes“ kommen. Aber unsere Parteien haben da ja ihren besonderen Auswahl-Kriterien …

Glück auf, M-V. Du kannst es gebrauchen!

Marko Michels

 


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