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Zwischen Wählen, Analysieren, „Escortieren“ und zentralem Organieren

Ein Blick auf die gesellschaftliche, mediale und politische Gegenwart


Kaum ist der Super-Wahl-Sonntag in Rheinland-Pfalz, in Baden-Württemberg und in Sachsen-Anhalt zu Ende, da geht das große Wehklagen der etablierten Parteien durch das Land. Zumal die nächsten Wahlen, etwa die OB-Wahlen in Schwerin oder die Landtagswahlen in M-V, bereits warten.

Ein nicht unbeträchtlicher Teil des Volkes hat nicht so gewählt, wie es sollte. Ein weiterer Teil, zwischen 39 Prozent und 30 Prozent, ging erst gar nicht zur Wahl-Urne.

Was ist mit dem WARUM…

Das mag für Christ- und Sozialdemokraten eine bittere Erkenntnis sein. Aber das WARUM spielt anscheinend keine Rolle. Warum wählten die Menschen Parteien, wie die „Alternative für Deutschland“, oder enthielten sich?

Plötzlich, das war bei den Gesprächsrunden im TV deutlich, wurde die Schuld bei den Anderen gesucht. Bei den Populisten. Beim verführten Teil des Volkes, das anscheinend politisch nicht gebildet sei. Bei der Dekadenz der Bevölkerung, der es angeblich so gut, wohl zu gut, geht (Und das bei der zunehmenden Armut in Deutschland…).

„Bimbes“ statt Verantwortung?!

Im Grundgesetz, im dortigen Artikel 21, heißt es so schön: „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muss demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.“

Tja: Wie sieht nun aber die Realität aus?! Vom einstigen Schatzmeister der SPD Friedrich Halstenberg ist folgendes Zitat überliefert: …“ Wenn raus kommt, wie was rein kommt, komme ich wo rein, wo ich nicht mehr raus komme.“ Gemeint ist damit die Parteienfinanzierung in der Bundesrepublik Deutschland, die Spenden-Praxis an die Parteien.

Wie inzwischen hinlänglich bekannt, haben sich alle großen Parteien, die vermeintlichen Volksparteien, hier oftmals nicht sehr transparent verhalten. Um es einmal vorsichtig zu formulieren. „Bimbes“, wie ein früherer Kanzler einmal monetäre Zuwendungen bezeichnete, verdirbt eben den Charakter. Auch den Charakter von Volksparteien.

Aktiv oder inaktiv?!

Wie aktiv sind heute die Parteien und deren Volksvertreter wirklich? Wie demokratisch ist ihre innere Ordnung? … Geht es vielen unserer Volksvertreterinnen und Volksvertreter wirklich um das Wohl des Landes – oder doch nur um das eigene und das ihrer Parteien? Wie weit ist mitmachen von den Parteien gern gesehen? Nur, wenn man sich ehrenamtlich sozialen-gesellschaftlichen Problemen widmet? Oder: Wenn man konkret Macht-Kompetenzen in Frage stellt, was am Grund-Verständnis der jeweiligen Partei rüttelt?!

Bürokratie statt echte Freiheit?!

Inzwischen werden Begehren der Bürgerinnen und Bürger in bürokratische Prozesse gelenkt, die letztendlich wenig (real-)demokratisch, oft wenig fruchtbar und oft wenig hilfreich sind. Es gibt ein heilloses Kompetenz-Gerangel, was letztendlich dazu führt, niemand mehr für Fehlentwicklungen direkt verantwortlich ist. Der Berliner Flughafen, Stuttgart 21 und die Hamburger Elbphilharmonie – nur drei Beispiele von vielen – lassen grüßen.

Auch hier stimmt eine These des russischen Historikers Prof. Dr. Dimitri Wolkogonow in seiner „Stalinismus-Kritik“ wieder einmal: „Ich glaube, man kann sagen, dass der totale Bürokratismus irgendwie bequem ist für Menschen, die man im Geist der Unfreiheit und der Lüge erzogen hat. Im Leben ist alles vorgeschrieben, man weiß … wann was gesät werden soll, welcher Bericht erstattet werden muß.

Der totale Bürokratismus ist bequem für die Befehlsempfänger … jeder Vorgesetzte wird zu einem kleinen Stalin gegenüber seinen Untergebenen, jeder verhält sich schlecht dem gegenüber, der tiefer steht als er. Die auf gleicher Ebene stehen, werden schief angesehen, und jenen, die oben stehen, wird geschmeichelt.” (Anmerkung: So kann man dann ganz bürokratisch auch eine Familie oder Freigeister „abschieben“, man muß nur sein Gewissen, sofern vorhanden, abschalten!)

Was für den „Stalinismus“ gilt, gilt erst recht für den „Demokratismus“… Der „kleine Stalin“ wird heute zu einem „kleinen Kanzler“ oder besser noch: „zu einer kleinen Kanzlerin“.

Werden Stereotypen geschaffen?!

Heute werden Begriffe wie „Asylbewerber“, „Flüchtling“, „Migrant“, „Zuwanderer“ und „Neu-Bürger“ vermengt, so dass niemand mehr hinterfragen mag, was diese Begrifflichkeit ausdrücken soll. Wer sich differenziert zur „Flüchtlingsproblematik“ äußert, für oder wider, wird schnell in die Ecken „Multikulti-Fundamentalist“ oder „Nazi“ geschoben.

Eine derartig missratene Diskussionskultur besitzen wir inzwischen in Deutschland. Dieses Land wird aber ebenso wenig alle der gegenwärtig 60 Millionen Menschen, die aufgrund von politischer Verfolgung oder Armut weltweit auf der Flucht sind, aufnehmen können, ebenso wenig wie sich Deutschland der Aufnahme von Flüchtlingen entziehen kann.

Wo bleiben unsere „Eliten“?!

Nur das Handeln der derzeitigen Bundesregierung und vieler Landesregierungen läßt an der Kompetenz dieser zweifeln, nicht nur dieses Problem nicht in den Griff zu bekommen.

Die politischen Eliten, nicht nur jene aus Deutschland, haben in dieser Problemstellung grandios versagt. Das Problem begann damit, dass Deutschland nicht auf Waffenlieferungen auch in Krisen-Regionen verzichten wollte und aus monetärer Geschäftstüchtigkeit – man will es sich ja nicht mit guten Handelspartnern verscherzen – auf Kritik an den USA, Saudi-Arabien, Frankreich, Großbritannien, Japan, China, Südkorea oder Australien in deren Haltung zur globalen Flüchtlingsproblematik verzichtet. Alles reiche Länder, die sich aber partout weigern, in angemessener Form Flüchtlinge aufzunehmen. Es wurde hierzulande eine „Willkommenskultur“ zelebriert, deren Fundamente gar nicht vorhanden waren. Der Blick für die Realitäten ging verloren…

Die SPD ist nicht mehr Volkspartei, die CDU nur noch partiell eine. Es gibt in Deutschland keine Volksparteien mehr. Auch die AfD ist es nicht, wird es nicht sein können.

Wozu eigentlich „Parteien“ – in dieser Form… Sind „Freie Wählergemeinschaften“, gut organisierte Bürgerinitiativen oder lockere Wahlbündnisse nicht die eigentlichen politischen Alternativen. Kein Parteien-Klüngel mehr. Kein parteiliches Posten-Geschacher mehr.Keine abgehobene politische „Elite“. Keine parteipolitische Jagd mehr auf öffentliche und private Zuwendungen, die am Ende doch der „kleine Bürger“ aufbringen muß.

Wie geht es mit der Diskussionskultur regional weiter?

Wenn die Diskussionskultur – auch medial – gegenüber Andersdenkenden in Deutschland so fortgeführt wird, wie man bei der Berichterstattung über eine AfD-Politikerin, die einst bei einem Escort-Service arbeitete, besichtigen kann, dann fragt sich der neutrale politische Beobachter schon: Ist das jetzt die neue Form der politischen Auseinandersetzung. Oder hat der gute, alte Karl Kraus, der Wahl-Österreicher  (!), nicht doch recht, wenn er sagt: „Die Persönlichkeit hat ein Recht zu irren. Der Philister kann irrtümlich recht haben.“

Manche begannen beim „Escortieren“, andere als „Zentralorgan“. Wer dem Anderen nur die Vergangenheit vorwirft, vergisst aber das eigene konstruktive Handeln in der Gegenwart und begibt sich auf ein sehr niedriges Niveau. Hat sich eigentlich schon jemand ganz bewusst gefragt, wer einst beim „politischen Escort-Service“ der SED, Ost-CDU, LDPD, NDPD und Bauernpartei arbeitete und heute zu neuen Demokraten in Parteien, Medien und Verbänden mutierte. Ist da, in manchen Fällen, nicht die Verleihung des „goldenen Wendehalses“ dringend nötig?

Und: Was ist eigentlich mit dem eigentlichen „Skandal“ in der Landeshauptstadt M-V?! Es geht um unsere Zukunft, um unsere Kinder…

Marko Michels

PS: Vielleicht hat Bertolt Brecht, der große deutsche Lyriker, ebenfalls recht, als er nach dem blutig nieder geschlagenen Arbeiteraufstand in der DDR 1953 nieder schrieb: „Ließ der Sekretär des Schriftstellerverbands in der Stalinallee Flugblätter verteilen, auf denen zu lesen war, dass das Volk das Vertrauen der Regierung verscherzt habe und es nur durch verdoppelte Arbeit zurückerobern könne. Wäre es da nicht doch einfacher, die Regierung löste das Volk auf und wählte ein anderes?“


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